10.342 views

Bass, Bass – wir brauchen (mehr) Bass.

Oft kommen Arbeiten ins Haus, die so nicht geplant und auch realistisch gesehen auch nicht nötig sind, wie der hier beschriebene Neubau des Bandpass-Gehäuses für das beste Coupe der Welt. Der vorhanden Subwoofer läuft zur Zufriedenheit, warum also etwas Neues bauen?

Die Antwort lautet : Weil ich es kann! (Und weil ich es so will) 🙂 😉

Nunja, das ist natürlich nicht die ganze Wahrheit, angefangen hat das Projekt (wie so oft im Leben) durch einen Zufall auf Ebay. In der Bucht habe ich ein Subwoofer-Chassis aus der “guten alten Zeit” entdeckt und das zu einem Preis, zu dem ich einfach nicht nein sagen konnte. Die Bilder sahen gut aus, das Chassis war laut Beschreibung in Ordnung also gekauft.

Emphaser E12SPL

Das ältere Chassis stammt vom Hersteller Emphaser, bekannt als Haus- und Hoflieferant der CarHifi Kette ACR und hat wohl schon locker 10 Jahre auf dem Buckel. Soweit ich mich erinnere stand es in Konkurrenz zur “damals” neu erschienenen “Vega” Serie von Cerwin Vega.

Das Chassis überzeugt neben einer massiven Verarbeitung mit einem guten Wirkungsgrad von 90db/1W/1m sowie einem lineraren Hub (Xmax) von 9mm (eine Richtung) sowie einer max. Auslenkung (mechanisch) von 58mm (Peak – Peak) – zur damaligen Zeit Top-Werte!

Nachdem ich im Internet das Datenblatt aufgetan hatte, zeigt sich auch die gute Verwendung im Bandpassgehäuse (für den Einsatz im Coupe Grundbedingung), wobei ich dieses Mal einen etwas anderen Bandpass bauen wollte….

Fortissimo Bandpass aka Didis Druckkammer

Bereits seit Jahren hat sich in der Szene der Bandpass a la Fortissimo etabliert, welcher über eine spezielle Abstimmung verfügt und etwas mehr Arbeit bei der Anpassung im Auto sowie ein recht großes Gehäuse benötigt.
Belohnt wird dieser Aufwand mit sattem Tiefst- und knackigen, staubtrockenem Kickbass. Wer sich in das Thema und das Prinzip dieser Bandpass-Abstimmung einlesen will, dem sei der sehr informative Thread im Klangfuzzi-Forum empfohlen.

Schaut man sich durch die Galerie auf Didis Seite findet man auch einige 124er, welche mit genau diesem Bandpass-Prinzip ausgerüstet sind – zur vollen Zufriedenheit der Kunden. Da ich noch etwas Kofferraum behalten möchte, kann in meinem Fall aber nur der Einsatz eines Chassis mit max 170l Außenvolumen zum Einsatz kommen (passt ganz gut, hab ja auch nur 1 Emphaser Chassis 😉 )

Berechnung des Druckkammer Bandpasses

Bevor es ans Bauen geht, muss natürlich erstmal das Gehäuse am Rechner berechnet und simuliert werden. Die Wahl zur Simulation fiel wie so oft auf WinISD (eigentlich der einzige Grund für mich, eine virtuelle Maschine mit Windows auf meinem iMac zu betreiben).

Nachdem ich das Chassis in WinISD eingepflegt hatte, konnte die Simulierei losgehen…

Die Simulation des Druckkammer-Bandpasses folgt überraschend wenigen, simplen Schritten…

  1. Chassis im geschlossenen Gehäuse mit Güte 0,7 simulieren
  2. Bandpass simulieren, geschlossenes Volumen aus Punkt 1), Volumen für ventilierte Kammer = 2x Volumen geschlossene Kammer
  3. Feintuning vornehmen, so das die aufsteigende Flanke im Frequenzgang möglichst gerade, d.h. ohne Durchhänger verläuft.
  4. Tuningfrequenz der ventilierten Kammer zwischen 60 und 70 Hertz legen

Da wie bereits erwähnt das maximale Bruttovolumen vorgegeben ist (170 Liter), musste ich nun etwas an den Werten schrauben, bis a) die Frequenzgang-Kurve passte und b) das Volumen eingehalten wird. So kam ich auf folgende Volumina :

  • Geschlossene Kammer : 39 Liter netto
  • Ventilierte Kammer : 76 Liter netto mit einer Tuningfrequenz von 65Hz
Eminence E12SPL im Druckkammer Bandpass, simuliert mit WinISD
Eminence E12SPL im Druckkammer Bandpass, simuliert mit WinISD

Hinweis : Die Güte der geschlossenen Kammer habe ich nicht ganz getroffen (39 Liter entsprechen beim E12SPL einer Güte von Qtc = 0,77), ist aber ein nötiger Kompromiss durch begrenztem Platzangebot im Kofferraum. Wenn erforderlich, kann das Volumen durch Nutzung von Lautsprecher-Dämpfungsmaterial in der geschlossenen Kammer noch virtuell um bis zu 10% vergrößert werden.

Einer der Grundpfeiler dieser Art der Bandpass-Abstimmung ist eine möglichst große Portfläche, empfohlen wird 2/3 der Membranfläche des eingesetzten Subwoofer-Chassis.
In meinem Bandpass kommen zwei Bassreflexrohre mit einem Innendurchmesser von 15cm zum Einsatz (Baumarkt, die orangenen KG-Rohre, DN160 ), welche zusammen eine Öffnungsfläche von 353cm² besitzen. Der E12SPL besitzt selber eine Membranfläche von 551cm². Die Ventilierung sollte mit 64% der Membranfläche also gut passen und eine Wiedergabe ohne nervige Strömungsgeräusche ermöglichen.

WinISD ermittelte eine Rohrlänge von 21,4cm. Da die Position der Rohre direkt unter der Heckscheibe portverlängernd wirkt, habe ich den Port um rund 20% auf 18cm gekürzt. Die Rohre spielen (wie auch beim ersten Bandpass-Gehäuse) durch die Öffnungen der ehemaligen Hecklautsprecher in den Innenraum.

Gehäuse-Design am Rechner mit Sketchup

Der nächste Schritt war nun, das Gehäuse passend zur Berechnung zu zeichnen, wobei ich die ventilierte Kammer noch um 10 Liter vergrößert habe, da diese ja auch die beiden Bassreflexrohre sowie das Chassis aufnehmen werden, was wiederrum Volumen benötigt (Stichwort Verdrängungsvolumen).

Die für das Design entgültigen Netto-Volumina lauten nun :

  • Geschlossene Kammer : 39 Liter
  • Ventilierte Kammer : 86 Liter

Als nächster Punkt stand die Zeichnung auf dem Plan. Sicherlich hätte es auch eine hingeschmierte Skizze getan, ich mag es dann doch lieber etwas sauberer, also fix SketchUp angeschmissen und an die Zeichnung gemacht.

Das Ergbenis von gut 3 Stunden CAD sieht folgendermaßen aus :

Druckkammer Bandpass für E12SPL - gezeichnet mit SketchUp
Druckkammer Bandpass für E12SPL – gezeichnet mit SketchUp
Druckkammer Bandpass für E12SPL - gezeichnet mit SketchUp
Druckkammer Bandpass für E12SPL – gezeichnet mit SketchUp
Druckkammer Bandpass für E12SPL - gezeichnet mit SketchUp
Druckkammer Bandpass für E12SPL – gezeichnet mit SketchUp

Hinweise :

  • Frontplatte und Rückseite sind in der Zeichnung nur als Umriss angedeutet, damit ein Blick in das Gehäuse möglich ist
  • Durch die großen Wandflächen habe ich das Gehäuse mit Streben versteift, in der Zeichnung habe ich Buche Rundmaterial genommen (gibt es in jedem Baumarkt). Natürlich können diese Streben / Steifen auf größer/dicker ausfallen.
  • Die Platzierung der beiden Ports ist absichtlich nicht bemasst, die endgültige Position wird erst beim Probestellen im Auto angezeichnet
  • Der Woofer sieht in echt anders aus – mehr war mit meinen SketchUp Skills nicht drin 😉

Der Bau des Bandpassgehäuse

Aus der Zeichnung heraus ergibt sich für mein Gehäuse-Design nun folgende Stückliste:

Stückliste / Holzzuschnitt für den Bandpass
Stückliste / Holzzuschnitt für den Bandpass

 

Den Zuschnitt erledigte der Baumarkt um die Ecke.

Zum Zusammenbau gibt es nicht soooo viel zu erzählen, es ist eine rechteckige Holzkiste mit den Außenmaßen H 44cm / T 41cm / B 94cm, was ein Außenvolumen von (aufgerundet) 170 Litern ergibt.

Die “Herausforderung” beim Bau bestand aus der Anbringung der Innenwand, welche das Chassis hält (Lochdurchmesser 282mm, dank Oberfräse schnell und akurat umgesetzt), des zusägen und der Installation von den Streben/Steifen sowie der genauen Positionierung der beiden BR-Rohre und Anfertigung der beiden Löcher im Holz (Durchmesser 160mm, ebenfalls mit der Oberfräse umgesetzt).

Wie üblich habe ich das 19mm MDF Holz verleimt und verschraubt, die Kanten wurden (wo nötig) mit einem Exenterschleifer auf Maß gebracht.

Die Schraubenköpfe bzw die Senklöcher werden noch mit Spachtel aufgefüllt und grob plangeschliffen. Das Gehäuse wird dann später (wenn alles passt und stimmig spielt) für eine passende Optik mit Lautsprecherfilz bezogen.

Achja : Das Gehäuse wird wie der Vorgänger durch den Einsatz kleiner Winkel an der Bodenplatte gegen ungewolltes Wandern gesichert. Falls doch mal mehr Platz im Kofferraum benötigt wird ist es durch das Lösen von 4 Schrauben jederzeit entnehmbar.

Machmal kommt es anders, als man denkt

Nach dem auch das Emphaser-Chassis angekommen war, stellte sich leider heraus, das es leider defekt war. Nach Kontaktaufnahme mit dem Verkäufer zeigte der sich überrascht, entschuldigte sich und wenige Stunden nach Erhalt des Chassis hatte ich mein Geld wieder via PayPal zurück erhalten. Dumm gelaufen, aber immerhin Geld zurück.

Endlich da, aber leider kaputt - das Eminence Chassis E12SPL
Endlich da, aber leider kaputt – das Eminence Chassis E12SPL
Endlich da, aber leider kaputt - das Eminence Chassis E12SPL
Endlich da, aber leider kaputt – das Eminence Chassis E12SPL

Und nun? Das Gehäuse erstmal auf Halde legen und warten, bis ich ein anderes Eminence-Chassis in der Bucht finde? Nein!

Nach einer kurzen Simulation am Rechner zeigte sich, das auch das vorhandene 12″ Chassis aus dem Hause Infinity aus dem alten Bandpass in dem Druckkammer-Gehäuse wohl fühlen sollte – warum es also nicht auf einen Versuch ankommen lassen?

Gesagt, getan und das Chassis mit M5 Schrauben und Einschlagmuttern stabil in das Gehäuse geschraubt.

Und wie klingts ?

Am Chassis hat sich nichts geändert und auch die Subwoofer-Endstufe ist (noch) die selbe (Impulse SD-500, 2x185W bzw 1x595W RMS laut Amp-Performance) und von daher sollten die Ergebnisse doch nahezu identisch sein, oder ??

Spielt perfekt : Das neue Gehäuse mit "altem" Infinit 1260W Woofer
Spielt perfekt : Das neue Gehäuse mit “altem” Infinit 1260W Woofer

Denkste! Es ist erstaunlich, was der (mittlerweile nur noch 70 Euro) teure Woofer von Infinity zusammen mit der Impulse Endstufe zu leisten vermag. Während mit dem alten Bandpass zwar reichlich Tiefbass aber eher dröhniger Oberbass vorhanden war, kickt “Didis Druckkammer” so staubtrocken wie ich es sonst von einem Subwoofer höchstens in einem geschlossenen Gehäuse kenne – und das bei einem Tiefpass von 40Hz bei 24dB/Oktave.
Dazu gesellt sich ein Tiefbass, der sich den Namen redlich verdient hat (immer wieder gern gespielt : Get Low von Lil John) und auch Yello (Get On – meine persönliche Tiefstbassreferenz) kommt schon gut – was wohl erst passiert, wenn die Endstufenleistung auf ein gesundes Kilowatt anwächst und ein besseres Chassis Einzug hält?

Das Ergebnis stellt mich schon jetzt (trotz Woofer-Kompromiss) extremst zufrieden, so das sich jede Minute für dieses Subwoofer-DIY-Projekt bezahlt gemacht hat.

Was noch fehlt ist die Optik, also Filz auf das Gehäuse sowie seitlich und oberhalb des Gehäuses Blenden anfertigen (welche ebenfalls mit Filz bezogen werden. Ein späterer Chassis-Wechsel ist problemlos möglich, da der Deckel zur geschlossenen Kammer nicht fest verklebt ist, sondern nur verschraubt – Dichtband sorgt dafür, das es trotzdem eine geschlossene Kammer bleibt.

Party on!


Shopping Links (Amazon Affiliate) – Direktlinks zu den im Artikel angesprochenen Geräten, Produkten und Materialien

Infinity REF 1260W Lautsprecherfilz Dämpfungswolle

2 Gedanken zu „Bass, Bass – wir brauchen (mehr) Bass.“

  1. Wow, sieht echt super aus! Wenn es dann auch noch den beschriebenen “Tiefst- und knackigen, staubtrockenem Kickbass” gibt. Wow…
    Jetzt hab ich natürlich mal nach dem Infinity REF gesucht, welchen es anscheinend nicht mehr zu kaufen gibt.
    Kannst du mir eventuell eine Alternative nennen? Im Optimalfall bis ca. 100€ (muss nicht die 1200w maxPeak erreichen 😉 )

    1. Moin Nico,
      leider habe ich keine Empfehlung in dem Preisbereich zur Hand. Versuch es doch mal im “KlangFuzzi Forum”, da gibt man dir sicher gerne Tipps zu gut/günstigen Chassis.

      Gruß

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.